CDU Kreisverband Aurich

Neustart des Tourismus in Ostfriesland – Stufen 3 und 4 Positionspapier Nr. 2

Autoren Sven Behrens – Vorsitzender der CDU Ostfriesland Björn Fischer – Vorsitzender CDU-Kreisverband Wittmund Ulf Thiele – Mitglied des Niedersächsischen Landtages

Um die weltweite Corona-Pandemie zu bekämpfen und das Infektionsgeschehen einzudämmen haben Bundes- und Landesregierung sowie die Kommunen mit Augenmaß Beschränkungen erlassen und konsequent durchgesetzt. Das disziplinierte Verhalten der Bevölkerung in Verbindung mit diesen Maßnahmen führten wesentlich zur Eindämmung des Virusgeschehens und damit zum Schutz der Gesundheit sowie des Lebens vieler Menschen.

Die Corona-Pandemie führt – teilweise unmittelbar, aber auch mittelbar durch Maßnahmen zur Eindämmung des Virusgeschehens – zu einem weltweiten Wirtschaftseinbruch. Die Tourismuswirtschaft in Ostfriesland ist hiervon erheblich betroffen. Nachdem es gelungen ist, die Infektionen deutlich einzudämmen, konnten – auf der Basis erheblicher Auflagen – mit den am 8. und am 11. Mai 2020 in Kraft getretenen Fassungen der Niedersächsischen Verordnung zur Bekämpfung der Corona-Pandemie erste Schritte der Lockerung ermöglicht wer-den. Die Stufe 2 des Stufenplans „Neuer Alltag in Niedersachsen“ wurde von Anbietern, Kunden in Gastronomie und Tourismuswirtschaft sowie den Kommunen gemeinsam erfolgreich gemeistert. Das Infektionsgeschehen bewegt sich weiterhin kontrolliert auf niedrigem Niveau.

Am 25. Mai soll die 3. Stufe des Stufenplans greifen. Er sieht die Öffnung von Hotels, Pensionen, Jugendherbergen, etc. bei 50prozentiger Auslastung, einer Wiederbelegungsfrist von sieben Tagen sowie weiteren Abstands- und Hygieneauflagen vor. Zudem werden weitere Öffnungen der Gastronomie (außen wie innen), allerdings beschränkt auf Restaurants, Gast-stätten, Cafés und Biergärten, in Aussicht gestellt. In der bisher nicht terminierten 4. Stufe soll der Übernachtungstourismus unter Restriktionen ausgeweitet werden. Kneipen und an-deren Gastronomische Einrichtungen wurden bisher keine Öffnungsoptionen aufgezeigt.

Vor dem Hintergrund des weiterhin kontrollierten Infektionsgeschehens auf niedrigem Niveau ist es angezeigt, Stufe 3 und Stufe 4 zu konkretisieren und Stufe 4 auch zu terminieren. Nach zahlreichen Gesprächen sowie einer Videokonferenz mit wichtigen Akteuren der Tourismuswirtschaft der Region haben die Unterzeichnenden für die CDU Ostfriesland folgendes Positions- und Forderungspapier erarbeitet, das die zweite Stufe des Neustarts des Tourismus in Ostfriesland unterstützen soll. Es steht unter dem Gebot des weiterhin konsequenten Schutzes der Gesundheitssysteme vor Überlastung. Jeder Schritt der Öffnung wie der Beschränkung bedarf daher der regelmäßigen Überprüfung mit Blick auf die Entwicklung des Infektionsgeschehens. Eine regionale und sektorale Herangehensweise scheint dabei sinn-voll.

1. Planungssicherheit
Wir begrüßen ausdrücklich die Entscheidung, das Beherbergunsgewerbe insgesamt ab dem 25. Mai wieder zu Öffnen. Auch der Wegfall der bisher geplanten 7-Tage-Wiederbelegungsregelung sowie die Erhöhung des Belegungsanteils auf 60 Prozent ist eine gute Entscheidung für die Unternehmen und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Vor dem Hintergrund des deutlich niedrigeren Infektionsgeschehens ist dieser Schritt ver-antwortbar. Gleiches gilt für die Streichung der 50-Prozent-Belegungsregelung für die Gastronomie. Eine gute Entscheidung! Damit die Gastronomen, Hoteliers etc. sich entsprechend vorbereiten können, ist es erforderlich, den sie betreffenden Inhalt der jeweils nächsten niedersächsischen Verordnungen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie recht-zeitig und verlässlich bekanntzugeben. Bisher wurden Verordnungen, die montags in Kraft traten, erst am Freitag, manchmal gar erst am Sonnabend vorher veröffentlicht. Die touris-tischen Akteure bitten bzgl. des in Kraft Tretends neuer VO um Kommunikation des Tex-tes und der Erläuterungen zur VO (in möglichst enger Anlehnung an die im Stufenplan formulierten Bedingungen) möglichst eine Woche vorab. Dies ist zur Vorbereitung der Wiederaufnahme des Betriebes dringend erforderlich.

2. Stornierungen von gebuchten Urlauben/Zimmern durch den Anbieter
Vor der Wiedereröffnung von Hotels, Pensionen, Jugendherbergen etc. zum 25. Mai müssen Buchungen von Urlaubern/Gästen, die schon vor der Corona-Krise erfolgten, storniert werden. Hintergrund sind die Vorgaben des Landes in der zum 25. Mai in Kraft tretenden VO (60-Prozent Kapazitätsbeschränkungen/ Abstandsregeln/ Hygienevorschriften, etc.). Um rechtssicher Buchungen stornieren zu können, benötigen die Anbieter zum Zeitpunkt der Stornierung (also frühzeitig) eine verbindliche Handlungsgrundlage, entweder in Form der VO oder eines Ministererlasses vorab.

Eine Hilfestellung zum möglichst rechtssicheren Vorgehen bei der Stornierung bestehen-der Buchungen – entweder durch den DeHoGa oder durch MW – ist ebenfalls angezeigt.

3. Stufe 4 des Stufenplans jetzt terminieren und konkretisieren
Da das Infektionsgeschehen in Niedersachsen nach Umsetzung der Stufen 1 und 2 des Stufenplans der Landesregierung unter Kontrolle geblieben sind, kann Stufe 3 zum 25. Mai in Kraft treten. Darüber hinaus sollte Stufe 4 jetzt inhaltlich konkretisiert und terminiert werden, damit die Anbieter ausreichend Vorlauf für die notwendige Vorbereitung haben. Sofern die Infektionsdichte weiterhin gering bleibt (unterhalb 50 Infektionen pro Woche je 100.000 Einwohnern) sollte Stufe 4 spätestens zum 8. Juni, besser zum 1. Juni umgesetzt und bereits mit Inkrafttreten der nächsten VO am 25. Mai kommuniziert werden. Inhaltlich bitten wir in Stufe 4 folgende Aspekte umzusetzen:

- Hotels: Die Belegungsquote von höchstens 60 Prozent sollte aufgehoben und bei Ein-haltung der sonstigen Schutzvorschriften die Komplettauslastung der Hotels/Pensionen wieder möglich sein.

- Gastronomie: Wir appellieren an die Kommunen, die nutzbaren Flächen im Außenbereich zur Aufstellung zusätzlicher Tische und Stühle – unter Einhaltung der Abstands-regeln – wo immer möglich zu erweitern.

- Kneipen: Spätestens in Stufe 4 sollten diese, anders als im Stufenplan bisher vorgesehen, unter Auflagen ebenfalls wiedereröffnen dürfen. Die Abstands- und Hygiene-vorschriften der Gastronomie müssen auch hier gelten. Die Aufzeichnung der Kontakt-daten aller Gäste müssen obligatorisch sein, um evtl. Infektionsketten nachvollziehen zu können. Für die Fälle, bei denen die Aufzeichnung der Kontaktdaten als auch die Wahrung der Abstands- und Hygienevorschriften augenscheinlich bei Gästen - beispielsweise aufgrund eines erhöhten Alkoholkonsums– nicht mehr möglich sind, kommt dem Wirt eine besondere Sorgfaltspflicht zu.

- Wohnmobilstellplätze: Derzeit dürfen öffentliche Wohnmobilplätze ebenfalls nur zu 50 Prozent belegt werden. Da Wohnmobilisten zumeist nicht vorab buchen, sondern Stellplätze unangemeldet anfahren, führt dies bei Überschreiten der 50-Prozent-Quote zu „wildem stehen/parken“ abseits der Stellplätze. Die 50-Prozent-Belegungsquote sollte daher aufgehoben werden. Abstands- und Hygieneregeln sind auch hier jedoch weiterhin einzuhalten.

- Fahrgastschifffahrt: Für Stufe 4 schlagen wir ebenfalls eine Öffnung der Fahrgastschifffahrt unter Auflagen vor. Sie sind ein wichtiger Bestandteil der touristischen An-gebote der Region. Die Familienbetriebe werden einer dauerhaften Schließung wirtschaftlich nicht standhalten. Ein eingeschränkter Betrieb, der Abstände, Hygiene sowie die Aufzeichnung der Kontaktdaten zur Rückverfolgung von Infektionsketten ermöglicht, ist aber realistisch. Die Unternehmen selbst müssen hierfür zeitnah ein abgestimmtes Abstands- und Hygienekonzept erarbeiten und gemeinsam mit dem Sozial-ministerium konkretisieren.

- Schwimmbäder: Nach der Wiedereröffnung unter Auflagen in Stufe 2 sollte spätestens in Stufe 4 auch die Nutzung für Therapiezwecke unter Auflagen wieder ermöglicht werden.

4. Verantwortung der Betriebe für den gelingenden Infektionsschutz
Bedingung für die gelingende Wiederbelebung der Tourismus- und Gastronomiewirtschaft unserer Region bleibt die Einhaltung der Umgangs- und Kontaktbeschränkungen und der Arbeitsschutzbestimmungen, die von Bund, Land und Kommunen verfügt sind und stetig der aktuellen Lage angepasst werden. Dafür ist es erforderlich, für alle Bereiche und für jede Einrichtung Abstands- und Hygienekonzepte zu erstellen und regelmäßig zu aktualisieren, sowie die Gäste darüber offensiv zu informieren und das Personal intensiv zu schulen. So muss sichergestellt bleiben, dass die geltenden Vorschriften angewandt und durchgesetzt werden. Die Unternehmen und Einrichtungen tragen zentrale Verantwortung dafür, dass es gelingt, ihren Wirtschaftszweig unter Einhaltung des Infektionsschutzes für Gäste, Mitarbeiter und Bevölkerung wiederzubeleben und eine erneute Verschärfung der Auflagen oder Schließungen zu vermeiden.

5. Belegung der Ferienwohnungen vollständig erfassen
Auf den Inseln, aber auch in den Küstenorten gibt es zahlreiche Ferienwohnungen (man spricht von mehreren tausend Betten), die behördlich nicht erfasst sind. Um die Rückverfolgung von Infektionsketten gewährleisten zu können, müssen auch die Nutzer dieser Wohnungen/ Unterbringungsmöglichkeiten möglichst lückenlos registriert werden. Da einige der Vermieter die baurechtliche Schließung dieser Wohnungen (da nicht genehmigt) und/ oder steuerrechtliche Verfolgung befürchten dürften, werden sie nicht ohne weiteres zur Meldung ihrer Gäste bereit sein. Die Kommunen können somit weder kontrollieren, ob die Belegungsauflagen eingehalten werden, noch sind Infektionsverläufe bei den Gästen dieser Quartiere und deren Kontaktpersonen möglich. Diese Problematik muss kurzfristig gelöst werden.

Die Bauordnungs- und steuerrechtlichen Interessen des Staates müssen hinter dem übergeordneten Ziel des Infektionsschutzes zurückstehen. Wir schlagen daher eine Regelung vor, bei der die Belegungen auch dieser Quartiere zu melden sind, und zwar aus-schließlich zum genannten Zweck des Infektionsschutzes. Eine Weitergabe der Daten zu anderen Zwecken oder an andere Behörden ist auszuschließen. Die Daten sind drei Wochen nach ihrer Meldung rückstandslos und dauerhaft zu löschen.

6. Umgang mit Infektionsfällen auf den Nordseeinseln
Das Landesgesundheitsamt muss mit den Landkreisen Leer, Aurich, Wittmund und Fries-land Szenarien zum Umgang mit Infektionsfällen und ihrem möglichst risikofreien Rück-transport aufs Festland erarbeiten (Fähre, Lufttransport). Zur Unterstützung der Landkreise sollte das Landesgesundheitsamt – dem Beispiel von Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern folgend – seuchenhygienische Regeln für die touristischen Destinationen formulieren.

7. Zusammenarbeit mit Nachbarländern
Die Wirtschafts- und Tourismusminister der Länder Niedersachsen, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen haben vor kurzem ein gemeinsames 3-Phasen-Szenario zur schrittweisen Belebung der Tourismuswirtschaft, Hotellerie und Gastronomie unter Wahrung des Gesundheitsschutzes vorgelegt. Wir unterstützen dieses gemeinsame Vorgehen, derweil zahlreiche Urlaubsgäste an der Nordsee und auf den ostfriesischen Inseln aus den beiden südlicher gelegenen Bundesländern stammen. Ebenso wichtig ist eine Zusammenarbeit mit den Nachbarländern Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern und der Blick auf das Vorgehen der Niederlande, da hier die touristischen Strukturen ähnlich denen in Niedersachsen sind.

8. Finanzieller Rettungsschirm für den Tourismus
Für zahlreiche Wirtschaftsbereiche wurden im Zuge der Pandemiebekämpfung finanzielle Rettungsschirme in Form von verfallenden Zuschüssen und erleichterten Kreditbedingungen geschaffen. Diese sind jedoch nur unzureichend auf die von Tourismus und Fremdenverkehr abhängigen Betrieben und privaten Anbieter angepasst. Für das Überleben der vielfältigen Betriebe dieses Sektors bedarf es passgenauerer Maßnahmen und Förder-, insbesondere aber Zuschussprogramme. Denn einmal entgangene Einnahmen in Tourismus und Fremdenverkehr können nicht durch künftige Einnahmen ausgeglichen werden – ein nicht erlebter Urlaub kann nicht nachgeholt werden. Das gilt auch für den Betrieb unter Auflagen.

Die Senkung des Mehrwertsteuersatzes von 19 auf 7 Prozent auf Speisen in der Gastronomie für ein Jahr ist nicht hinreichend, um den Betrieben die Möglichkeit zu geben, die Einbußen dieser Saison zurückzuverdienen. Da auf absehbare Zeit nur begrenzt Einnahmen erzielt werden, wirkt diese Steuersatzminderung zudem nur sehr eingeschränkt. Sinnvoll wäre die Ausweitung der Steuersatzsenkung über einen längeren Zeitraum, mindestens bis Ende 2023.

Zudem unterstützen wir grundsätzlich das 6-Punkte-Sofortprogramm des Tourismusverbandes Niedersachsen und insbesondere die Forderung für ein gezieltes touristisches Investitionsprogramm sowie die Anpassung laufender Förderprogramme und Abrechnungszeiträume (zumeist EU- und/ oder GRW-Mittel-finanziert) an die Corona-Bedingungen. Die laufende Projektfinanzierung darf nicht gefährdet, neue Investitionen müssen – trotz der jetzt geschwächten Eigenkapitalsituation vieler Betriebe – dringend gefördert werden. Ein „Rettungsschirm“ für den Tourismus sollte auch die auf längere Sicht wirtschaftlich schwierige Lage der Reisebüros und der Reiseveranstalter berücksichtigen.

Autoren:

Sven Behrens – Vorsitzender der CDU Ostfriesland Björn Fischer – Vorsitzender CDU-Kreisverband Wittmund Ulf Thiele – Mitglied des Niedersächsischen Landtages

18. Mai 2020